Panel 3 - Mißhandlungspathologien

Lebensmittelinfektionen (die sogenannten "food-borne diseases") und andere Krankheiten, die mit den Herstellungsmethoden von Lebensmitteln in Zusammenhang stehen, haben sich in den letzten Jahren immer weiter verbreitet: wir nennen sie "Mißhandlungspathologien", da sie von den Methoden in der industriellen Tierzucht verursacht werden, wo nur der Gewinn zählt und dabei das Wohlbefinden der Tiere ignoriert wird.

Diese Krankheiten können in vier Kategorien unterteilt werden:

Laut FAO liegt die Ursache dieser Probleme der Lebensmittelsicherheit bei der immer weiter steigenden Vermarktung und Intensivierung der Nutztierhaltung. Die Ansammlung in Maßen und die mangelnde Hygiene in den Intensivtierhaltungen und der Mangel an einer angemeßenen Entsorgung der Exkremente verursachen nicht nur Krankheiten bei den Tieren und Lebensmittelinfektionen bei Menschen, sondern sie erleichtern auch eine schnelle Verbreitung davon. [Nierenberg2003]

Lebensmittelvergiftungen

Ein kleiner Teil der Fälle von Lebensmittelvergiftungen stammt von pflanzlichem Eßen (Krankheitserreger im Salat, falls er nicht bei kühlen Temperaturen gelagert wurde, giftige Pilze), aber die allermeisten werden von tierischen Produkten verursacht.

Zwei sind die Hauptquellen von Krankheitserregern, die Lebensmittelvergiftungen verursachen:

1) Verunreinigung der tierischen Produkte durch Kot beim Schlachtungsprozeß

2) Lebensmittel, die ihrerseits durch tierische Produkte verseucht wurden. [PCRM2003]

Die Ansammlung von Hühnern und Schweinen in riesigen Tierzuchthallen verursacht Infektionen und fördert die Verbreitung. Die WHO schätzt, daß jedes Jahr ca. 130 Millionen Menschen in Europa von Lebensmittelvergiftungen befallen werden und erklärt: "Das größe Risiko scheint die Produktion von tierischen Lebensmitteln zu sein. Da entstehen die schwerwiegendsten Gesundheitsgefahren, wie etwa Infektionen durch Salmonellen, Campylobacter, E.coli und Yersinia". [Pretty2002]

Tiere aus Intensivhaltungen kommen oft mit Fäkalien bedeckt beim Schlachter an und erhöhen so die Wahrscheinlichkeit einer Verunreinigung bei der Schlachtung und der darauf folgenden Verpackung.

Die Art der Arbeitsorganisation in den meisten Schlachthäusern für Hühner etwa verbreitet systematisch Krankheitserreger von einem Tier zum anderen. Das paßiert besonders in den Becken für das allgemeine Spülen der Hühnerkarkaßen, wo das Waßer sich jedes Mal in eine septische Mischung verwandelt, die von den zuständigen Arbeitern "Fäkaliensuppe" genannt wird. [Behar1994]

Die zuverläßigste Schätzung von durch Lebensmittelvergiftungen entstehende Krankheiten bei Menschen und ihren Kosten, stammt aus den USA. Dort verursachen 7 Arten von Krankheitserregern (Campylobacter jejuni, Clostridium perfringens, Escherichia coli O157:H7, Listeria monocytogenes, Salmonellen, Staphylococcus aureus, und Toxoplasma gondii), die in tierischen Produkten gefunden wurden, 3.3 bis 12.3 Millionen Vergiftungen und bis zu 3900 Todesopfer. Die jährlichen Kosten werden auf 6.5-34.9 Millionen Dollar geschätzt (Schätzwert 1995). [Buzby1997]

Tierkrankheiten und Epidemien

In den industriellen Tierhaltungen tauchen ständig neue Krankheiten auf; viele von ihnen werden zu einer, reellen oder potentiellen, Bedrohung für die Gesundheit der Menschen.

Schweinefieber in Asien und Europa, Vogelgrippe in Asien, Europa und der ganzen Welt, BSE und Maul- und Klauenseuche-Epidemien, alle hatten eine ausgiebige Werbung und verursachten Unruhe und Angst bei den Verbrauchern. In all diesen Fällen wurde eine enorme Anzahl von Tieren geschlachtet, und das meist auf grausame Art. Zu den neuesten gefährlichen Epidemien gehört der Nipah-Virus in Malaysia. Der Virus hat mehr als 100 Arbeiter in Schweinezuchtbetrieben getötet und weitere 150 erkrankten an einer nicht-tödlichen Form von Enzephalitis. Beim Versuch den neuen Nipah-Stamm unter Kontrolle zu bekommen, wurden eine Million Schweine geschlachtet. [PDIC2002]

Der Nutztiermarkt ist eine perfekte Umgebung für die Verbreitung von Epidemien. Tiere, die oft schon von der langen Reise gestreßt und erschöpft sind, müßen schwierige Bedingungen und grausame Behandlungsweisen ertragen. Das senkt noch mehr ihre schon minimale Abwehr gegen Infektionen.

Die Hühnerzuchtbetriebe sind den Epidemien am meisten ausgesetzt. Die neueren Vogelgrippe-Epidemien in Hong Kong, Ostasien, Europa und den Vereinigten Staaten haben zu Maßenschlachtungen geführt. Es wurde festgestellt, daß von den 23.000 täglich auf den Nutztiermärkten in der nordöstlichen Region der Vereinigten Staaten verkauften Vögeln, 40% von irgendeinem Virus der Vogelgrippe befallen waren. [OKeefe2002]

Antibiotikaresistenz

Seit den 60er Jahren hängt die Gesundheit der Zuchttiere nicht mehr von Lebensbedingungen ab, die das Wohlbefinden der Tiere zum Schutz ihrer Gesundheit garantieren, sondern von dem maßiven Gebrauch von Antibiotika. Viele der Medikamente, die für die Behandlung von Krankheiten bei Menschen benutzt werden, findet man auch in den Tierhaltungsbetrieben und so sinkt die Anzahl von Medikamenten, die beim Menschen noch wirksam Krankheiten bekämpfen. Da den Tieren Antibiotika verabreicht werden um der Verbreitung von Krankheiten in der Maßentierhaltung vorzubeugen und um einen raschen Fleischansatz zu fördern, ist die Unempfindlichkeit gegen Antibiotika zu einer weltweiten Bedrohung geworden. [Nierenberg2003]

Tausende von Tieren leben in unhygienischen und überfüllten industriellen Tierhaltungen und jeden Tag werden ihnen mit dem Futter Antibiotika verabreicht. Jedes Jahr werden den Tieren in den USA 11.000 Tonnen Antibiotika gegeben, was 70% der Gesamtmenge von Antibiotika entspricht, die jährlich hergestellt wird und acht mal der Menge, die für die Behandlung von Menschen verwendet wird. [Union2001]

In einer Untersuchung des Komitees des House of Lords in Großritannien steht: "Es gibt eine ständige Bedrohung der Gesundheit der Menschen, die von dem leichtfertigen Gebrauch von Antibiotika bei Tieren entsteht. [...] Es könnte dazu kommen, daß wir der katastrophalen Perspektive entgegentreten müßen, uns in der Vor-Antibiotika-Ära wiederzufinden". [House1998]

Gesundheitsrisiken durch Entsorgung der Exkremente

Es wird geschätzt, daß allein in den Vereinigten Staaten die Intensivtierhaltungen jährlich 260 Millionen Tonnen Tierexkremente erzeugen. [USDA2001] Diese und ihre Nebenprodukte enthalten Schwermetalle, Antibiotika, krankheitserregende Bakterien, Stickstoff und Phosphor, neben Staub, Schimmel, bakterielle Endotoxine und brennbare Gase, alles Stoffe, die die Gesundheit der Menschen gefährden. Da die Kosten für den Transport der Exkremente unerschwinglich sind [Sharpley1998], werden sie normalerweise bei den Tierhaltungen gelagert und dann auf die beiliegenden Gebiete verstreut, wodurch ein Risiko für die öffentliche Gesundheit entsteht.

Wenn die verseuchten Inhaltßtoffe der Tierexkremente in die Trinkwaßerquellen gelangen, kann die Menge an Nitrat im Waßer gefährliche Werte erreichen. [EPA2005]

Die Mikroorganismen, die sich in den Tierexkrementen befinden, wie Kryptosporidose, können sehr gefährlich für die Gesundheit werden. Nach einem schweren Gewitter 1993 hat zum Beispiel in Milwaukee Kryptosporidose im Trinkwaßer 100 Todesopfer verursacht und 43.000 Menschen erkrankten daran. Wenn der Anteil dieser Mikroorganismen den Grenzwert überschreitet, kommt es nicht nur zu schwerwiegenden Gesundheitsrisiken, sondern es muß auch nach alternativen Trinkwaßerquellen gesucht werden. [EPA2005]

References

[Behar1994]
Behar R., Kramer M., "Something Smells Fowl," Time, Oct 17, 1994, p. 43

[Buzby1997]
Buzby JC, Roberts T., Economic costs and trade impacts of microbial foodborne illness, World Health Stat Q. 1997;50(1-2):57-66.

[EPA2005]
US Environmental Protection Agency, "Region 9: Animal Waste Management - What's the problem", July 2005 - http://www.epa.gov/region09/cross_pr/animalwaste/problem.html (as accessed 30-8-2005)

[House1998]
House of Lords Select Committee on Science and Technology, Seventh Report: Resistance to antibiotics and other microbiological agents, HMSO,

[Nierenberg2003]
Nierenberg D., Factory Farming in the Developing World, World Watch May/June 2003

[OKeefe2002]
O'Keefe T., Lessons from the Flu, Poultry USA, September 2992

[PCRM2003]
PCRM, Foodborne Illnesses, Fact sheet, 2003

[PDIC2002]
PDIC Newsletter. Pig Disease Information Centre UK, Novembre 20th 2002

[Pretty2002]
Pretty J., Agri-Culture - Reconnecting People, Land an Nature, Earthscan Publications, London, 2002

[Sharpley1998]
Sharpley A, et al. "Impacts of animal manure management on ground and surface water quality." In: JL Hatfield, BA Stewart (eds.) Animal waste utilization: effective use of manure as a soil resource. 1998;173-242. London, 1998.

[Union2001]
Union of Concerned Scientists, "70 Percent of All Antibiotics Given to Healthy Livestock," http://www.ucsusa.org/releases/01-08-01.html. January 8, 2001.

[USDA2001]
US Department of Agriculture, Agricultural Research Service, Manure and Byproduct Utilization: National Program Annual Report: FY 2001, http://www.nps.ars.usda.gov/programs/programs.htm?npnumber=206&docid=1076.