Panel 6 - Tierversuche
Viele Menschen glauben, dass Tierversuche zur Entwicklung von Behandlungen für menschliche Krankheiten beigetragen haben. Im Artikel "Wo sind die Beweise, dass Tierversuche den Menschen genutzt haben?" behaupten die Autoren jedoch, dass es wirklich wenige Beweise gibt, die diesen Standpunkt vertreten und dass "systematische Kontrollen der vergangenen und künftigen Forschungen nötig sind [...] Idealerweise dürften keine Tierversuche mehr durchgeführt werden, bis die vorhandenen Daten nicht besser genutzt werden und ihre Gültigkeit und Verallgemeinerung im Bereich der klinischen Praxis nicht beurteilt worden ist. [Pound2004]
Die Wirklichkeit hat nichts mit diesem Idealfall zu tun: in der experimentellen Forschung im Ernährungsbereich ist die Verwendung von Tieren weit verbreitet. Die Forschung im Ernährungsbereich zur Untersuchung der Wirkung von einzelnen Nährstoffen und ihren Kombinationen, nimmt oft Tierversuche vor; die in Lebensmitteln enthaltenen chemischen Stoffe (wie Zusatz- und Konservierungsstoffe) werden immer an Tieren getestet, und auch die Forschung zu ernährungsbedingten Krankheiten bei Menschen wird oft an "Tiermodellen" durchgeführt. Auch die Toxizität und Wirkung von Medikamenten für die Behandlung von diesen Krankheiten werden an Tieren getestet. Sogar ernährungsbedingte psychologische Leiden, wie Magersucht, werden an Tieren getestet.
Die American Dietetic Association warnt, von ihrer offiziellen Position gegen die falsche Information im Ernährungsbereich, dass die Verbraucher bei der Beurteilung von wissenschaftlichen Studien immer beachten müssen, wie limitiert die übertragbarkeit der Tierversuche auf Menschen ist. [ADA1989]
Peter Jones, Direktor der "School of Dietetics and Human Nutrition" behauptet: "Der Ansatz der wissenschaftlichen Forschung verändert sich. In der Vergangenheit wurde Tiermodellen vertraut, Laborratten wurden mit höheren Fettkonzentrierungen gefüttert, um die Effekte auf ihren Stoffwechsel zu beurteilen. Heute ist die Forschung im Bereich Ernährung anspruchsvoller und ermöglicht uns Menschen direkt zu untersuchen." [Chester1998]
Trotz dieser aufschlussreichen Aussagen werden Mäuse und Ratten noch weitgehend in der wissenschaftlichen Forschung verwendet: sie sind Säugetiere, wie wir, aber im Gegensatz zu uns sind sie klein, billig, leicht zu handhaben und sie vermehren sich schnell. Aber Mäuse und Ratten sind keine Miniaturmenschen. Sie wandeln Nährstoffe und chemische Substanzen anders um als Menschen und sie vertragen giftige Stoffe anders. [Laber1998]
Im Jahre 1914 wurde das erste Experiment durchgeführt, um die notwendige Proteinzufuhr zu messen, indem die optimale Zufuhr für Ratten analysiert wurde. Die Tierversucher übertrugen das Ergebnis auf Menschen, ohne zu berücksichtigen, dass wenn dieses Ergebnis korrekt gewesen wäre, die Milch von Frauen für ihre Kinder ungeeignet wäre! Trotzdem werden diese Ergebnisse noch von vielen Ernährungsexperten benutzt. [Osborn1914]
Herzkrankheiten sind die erste Todesursache bei amerikanischen Erwachsenen: eine Krankheit, die man mit einem korrekten Lebens- und Ernährungsstil verhindern und heilen kann. Trotzdem wird diese Krankheit noch an Ratten untersucht, obwohl ihr Organismus Fett und Cholesterin ganz anders als der menschliche Organismus umwandelt. Im Gegensatz zum Menschen sind Ratten nämlich sehr widerstandsfähig gegenüber Eingriffen, die den Cholesterinspiegel im Blut verändern und gegenüber der ernährungsbedingten Bildung von arteriosklerotischen Belägen. [Stehbens1986]
Krebs ist die zweite Todesursache in den USA und auch diese Krankheit wird weitgehend an Ratten untersucht. Obwohl Ratten bezüglich vieler für die Krebsforschung wichtiger Aspekte sich vom Menschen unterscheiden. Betacaroten und verknüpfte Verbindungen, die sogenannten Carotenoiden, sind zum Beispiel in der Krebs- und Ernährungsforschung entscheidend, aber Ratten nehmen Betacaroten ganz anders als Menschen auf. Außerdem spielt Vitamin C eine entscheidende Rolle in der Neutralisierung der freien Radikale und beugt Krebs und Skorbut vor: Ratten synthetisieren Vitamin C in der Leber, Menschen synthetisieren es gar nicht. [Chatterjee1961]. Die meisten Tierarten sind in der Lage Vitamin C zu synthetisieren, die Menschen nicht. [Burns1954]
Dr. Jonathan Balcombe behauptet: "Vielerorts werden Studien durchgeführt, um Magersucht und andere Ernährungskrankheiten zu untersuchen. Bei den meisten Studien handelt es sich um klinische Studien an Menschen -aber nicht bei allen. Viele Experimente an (männlichen) Ratten werden finanziert. Diese Studien setzen sie furchtbaren Todesqualen aus, indem sie ihre hektischen Anstrengungen zur Futtersuche behindern. Und wozu? Magersucht ist ein komplexes, hauptsächlich psychologisches Syndrom, das nur bei Menschen auftritt. Die Ursachen zu suchen, indem man Ratten dazu zwingt, in ihren Käfigen zu verhungern, ist als würde man Selbstmord untersuchen wollen, indem man einem depressiven Meerschweinchen eine Pistole gibt." [Balcombe2005]
Und wenn man wirklich gezwungen ist ein Arzneimittel zu nehmen, weil die Krankheit nicht mit einer Ernährungsumstellung aufgehalten werden kann, zeigen Tierversuche all ihre Lücken: es ist bekannt, dass einer der Hauptgründe für die Unterschiede zwischen Mensch und Tier in den Stoffwechselfunktionen innerhalb der Spezies liegen. Bei Studien zur Wirkung und Toxizität von Medikamenten sind die Ergebnisse aus Tierversuchen nicht auf Menschen übertragbar, wenn das Niveau oder die Aktivität der Enzyme, die mit dem Mittel interagieren, zwischen Tier und Mensch unterschiedlich sind. Daraus folgt, dass potentiell wirksame Medikamente schon für untauglich erklärt werden, bevor sie überhaupt an Menschen getestet werden. [Tettamanti2005]
Sowohl die grundlegende und angewandte Forschung, als auch die gesetzlich vorgeschriebenen Toxizitätstests zu Arzneimitteln und chemischen Stoffen müssten sich von der Last der Tierversuche befreien, besonders die Forschung im Ernährungsbereich. Dann könnte man tatsächlich chronischen Krankheiten vorbeugen und sie behandeln, wo sie doch die Haupttodesursache in den westlichen Ländern sind.
References
[ADA1989]
ADA, American Dietetic Association position paper on nutrition misinformation - Identifying Food and Nutrition Misinformation paper, Nutrition Research Newsletter, February 1989
[Balcombe2005]
Balcombe J, Beyond Animal Research, PCRM webiste (http://www.pcrm.org/resch/anexp/beyond/anorexia_0510.html accessed 23-12-2005)
[Burns1954]
Burns JJ, Mosbach EH, Schulenberg S. Ascorbic acid synthesis in normal and drug-treated rats, studied with L-ascorbic-1-C14 acid. J Biol Chem 1954;207:679-87.
[Chatterjee1961]
Chatterjee IB, Kar NC, Ghosh NC, Guha BC. Aspects of ascorbic acid biosynthesis in animals. Ann NY Acad Sci 1961;92:36-56.
[Chester1998]
Bronwyn Chester, "Sound science that tastes good", Mc Gill reportr on-line, 24 Septembre 1998 (http://www.reporter-archive.mcgill.ca/Rep/r3102/food.html accessed October 2005)
[Laber1998]
Laber E., Stemming the Flow, The Sciences, July/August 1998
[Osborn1914]
Osborn T., "Amino acids in nutrition and growth". Journal of biological chemistry 17:325 1914
[Pound2004]
Pound P., Ebrahim S., Sandercock P., Bracken M.B., Roberts I., Where is the evidence that animal research benefits humans?, BMJ February 2004;328:514-7
[Stehbens1986]
Stehbens WE. An appraisal of cholesterol feeding in experimental atherogenesis. Prog Cardiovasc Dis 1986;29(2):107-28.
[Tettamanti2005]
Tettamanti M. et al, Human research tissue banks: the ATRA project for establishing a human research tissue bank in Switzerland, ATLA, Vol. 33, No. 1, February 2005